Forschungsergebnisse Andreas Jung

Status
War in Deutschland bis 2007 ausgestorben.
Fundsituation
Diese Sorte wurde mit 5 Exemplaren im Kathert'schen Weinberg bei Karsdorf gefunden, dem ältesten, teils noch wurzelecht erhaltenen Weinberg in Saale-Unstrut. Die Sorte steht dort in Assoziation unter anderem mit einer Reihe zuvor ebenfalls ausgestorbener Rebsorten wie Schlehentraube, Süßschwarz, Weißer Heunisch oder Margillin. Der Schwarze Heunisch ist möglicherweise mit der Rebsorte Thalroth aus dem Elsass und mit Mérille aus dem Bordeaux-Gebiet identisch.
Herkunft und Verbreitung
Der Schwarze Heunisch gehört zum Sortenkomplex der mittelalterlichen Schlehentrauben. Die antike Heimat dieser Sortenpopulation liegt auf der Südseite des Karpatenbogens und reicht vermutlich bis in die Walachei und auf den nördlichen Balkan. Der Ursprung könnte an der Russischen Adria beim antiken Schwarzmeerstamm der Ḫinochi liegen, die als Kinaḫḫi auch das bronzezeitliche Kanaan und wohl auch das Hintzenland (Burgenland) prägten. Vor allem im Ofner-Gebirge und im Banat brachten die Schlehentrauben in Assoziation mit Kadarka ausgezeichnete Rotweine hervor. Der Sorten-Komplex war vor allem in Franken und an der Saale und Unstrut beheimatet und ist ein typisches Relikt aus dem Früh- und Hochmittelalter, als die Waldgrenze in Europa 100 m höher stand und kontinentale Sommer wie in 2003 und 2018 die Regel waren. Der Schwarze Heunisch soll sogar schon im 8. Jahrhundert an die Saale gebracht worden sein, möglicherweise von Wenden, Czechen (Csoka, Cigani) oder Sorben aus der ehemaligen Tschechoslowakei, die auch Sachsen-Anhalt und Franken, sowie Slowenien und Serbien besiedelten. Ins Bordeaux-Gebiet gelangt sein könnte der schwarze Heunisch mit merowingisch-fränkischen Importen von Edelreisern aus der Awarenmark, die damals auch Francochorion (Krain-Franken) und das Heantzenland (Burgenland) umfasste. Von den Heanzen (Heinzen) leitet sich der deutsche Sortenname Hüntsch (Heunisch, Hänisch) ab.
Eigenschaften
Alle Sorten des Schlehentraubenkomplexes sind bei nur mittelkräftigem Wuchs sehr fruchtbar und neigen zur Bildung von Nebentrauben. Die recht großen, lockeren, an Dornfelder erinnernden Trauben tragen kurzovale, recht hartschalige, mittelgroße oder auch kleinere Beeren, die Ende September bis Oktober ausgereift sind. Die Weinqualität dieser Sorte wird nur bei Vollreife erreicht, wenn alle Beeren blau gefärbt sind. Erst dann schmecken die Beeren zuckersüß und würzig aromatisch. Unter heiß-trockenen, südexponierten Bedingungen auf Gipskeuper oder Muschelkalk zeigen die Schlehentrauben ihr eigentliches Weinpotential. In weniger guten Jahren ohne Ertragsbegrenzung geriet der Wein meist sauer. Der erste Weinausbau ergab viele kräutrige, gerbstoffgeprägte Noten, die für Verschnittweine interessant sein können. Eine Lagerung im Holzfass wird angeraten.